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The Accidental Party

„Schon wieder Lust auf ein Gläschen Rotwein?“ … Merde!! Soeben bin ich nach Arbeit und Uni ziemlich geschafft – und offensichtlich gedankenverloren – nach Hause gehüpft. Nur, um genau dort zu landen, wo ich eigentlich nicht mehr hingehöre: In den 2. Stock, linker Gang, das hinterste Zimmer. Zurück in die Zukunft, quasi! Ich gehöre ja im neuen Studentenheim einen Stock höher … und ein paar Zimmer weiter. Und nun steh ich schon zum 3. Mal an der Tür des französischen Erasmus-Studenten.

„Na, komm rein“, lacht er. „Aller guten Dinge sind 3. Und übrigens kann ich gleich ein bisschen Deutsch üben. Na, ich will aber mein verrostetes Französisch aufmöbeln und so sprechen wir durcheinander: Er fragt was in gebrochenem Deutsch, ich antworte in noch gebrochenerem Französisch, aber irgendwie gehts immer und der Rotwein tut sein übriges. Und irgendwann stehen Blanca und Danae vor der Tür – mit 100en ziemlich fett und dunkel herausgebackenen griechischen Fleischbällchen und mit spanischen Süßigkeiten. Gemeinsam mit dem französischen Käse und dem guten Wein ergibt sich eine ausgewogene Mischung. Und das geliebte Mischmasch an Kulturen. J’aime ca!

In the wee hours

Und so haben wir alle unseren Rhythmus gefunden: Ich steh um 6 auf, um zuerst ein bisserl herumzuturnen und danach ein bisserl mehr zu arbeiten, abends gehts auf die Uni oder in meinen neuen Chorkurs. Blanca darf etwas länger schlafen: Ihre Uni-Kurse beginnen nie vor 10. Zwischen den Kursen kostet sie sich durch die heimischen Mensen und abends gehts ins kulturelle Wiener Leben (die Gute hat sogar eine Jahreskarte fürs Kunsthistorische Museum). 

Danae aus Griechenland, die unsere Kanadierin ersetzt (die uns aufgrund der dagelassenen Dinge IMMER in guter Erinnerung bleiben wird!!), schläft deutlich länger und wird unter tags selten aktiv. Mittlerweile weiß ich, dass sie zwar Architektur studiert, in Wien aber Geschichtskurse belegt, die sie sich in Athen nicht anrechnen lassen kann, sprich: Party-Semester! Dem Klischee entsprechend geht sie abends um 10 außer Haus … und kommt gern weit nach Mitternacht mit einer lautstarken Truppe heim. Meist zieht die Truppe weiter nachdem sie uns geweckt hat. Alle? Naja, alle bis auf einen (boyfriend?). 

Und das ist dann auch jene halbe Stunde in the wee hours, in der Blanca und ich uns vor den Lauten retten, die wir nicht hören wollen, und uns Teetrinkend und Geschichtenerzählend in der Küche wiederfinden. Und so plaudern wir von Blancas Unileben in Salamanca, von nationalen Klischees („Sound of Music“, bähhh) und von all den Sachen, die Blanca auf der Uni über das österreichische Leben lernt. Ganz schön interessant und herrlich erfrischend. Könnte nur zu einer anderen Uhrzeit stattfinden. 

Challenge me

Also, ich bin baff! Grad war ich in der Waschküche, wo es tatsächlich nur 2 Waschmaschinen & 2 Trockner für ein Heim voller Studenten gibt. Und dann dürfte der Sonntagabend noch ein beliebter Zeitpunkt fürs Wäschewaschen sein. Vor den Geräten steht eine Schlange zur Tür raus bis in den nächsten Gang. 

Doch ich habe Glück: Eine Waschmaschine wird grad frei … und alle anderen warten offensichtlich auf die Trockner. Bzw. den Trockner, denn einen spickt ein Zettel mit der Aufschrift „Smells of Smoke!!!“ Ich stecke meinen Kopf in das Gerät, riecht aber alles ganz normal. Hmmm. 

Einen Waschgang später wage ich es auch. Und? Nix! Alles paletti, trocken und wohlriechend. Dürfte sich ein betrunkener Student vom Partyraum nebenan einen Scherz erlaubt haben. Oder aber es wollte sich jemand ein Gerät reservieren. Jedenfalls danke für die ersparte Wartezeit! 

Doch wo sind die Studenten hin, die nichts für unmöglich gehalten und alles hinterfragt haben? 

Qualitätskontrolle

Der Oktober ist ins Land gezogen und mit ihm strömen Tausende in- und ausländischen Studierende nach Wien … und in mein Incoming-Heim am Wurschtelprater. Da es hier nun etwas eng wird, zieh ich weiter in ein anderes (weniger frequentiertes da älteres und nicht so zentrales) Incoming-Heim am Hernalser Friedhof.

Beim Betreten meiner neuen Wohnung stürmt mir Blanca aus Spanien entgegen, die Translationswissenschaften in Salamanca studiert und unglaublich perfektes Deutsch spricht. Sie quasselt und quasselt und quasselt und ich falle (wieder mal) erst um Mitternacht ins Bett.

Meine zweite WG-Kollegin lerne ich nur flüchtig kennen: Ava aus Kanada packt grad ihre Koffer, sie zieht am nächsten Morgen in eine WG. Als ich abends nach Hause kommen, stürmt mir wieder Blanca entgegen: Ava habe ganz viele Sachen dagelassen und was wir nun mit all diesen Dingen anfangen sollen. Ein Blick auf die Sachen und die Antwort ist schnell gefunden: Nutella? Marmelade? Toastbrot? Tee? Wird wohl alles dankbare Abnehmer finden. Nicht doch, meint Blanca, wir können doch keine fremden Sachen entwenden. Naja, offensichtlich wollte Ava die Sachen halt nicht schleppen. Wir einigen uns auf einen Kompromiss: Wir lassen die Lebensmittel 1 Woche in der Küche stehn und wenn sie bis dahin nicht abgeholt wurden, dann schmatz! … Nun mach ich jeden Abend eine kleine Nutella-Qualitätskontrolle. Denn Lebensmittel vergeuden, wo kämen wir da hin?

Aus 3 mach 5

In unserer Mädels-WG ist nun auch die 4. im Bunde gelandet: Maddie aus Kanada, die in Chicago studiert. Sie hat uns auch ein Geschenk mitgebracht: Ihren boyfriend Josh, der zwar sein eigenes WG-Zimmer gebucht hat, es aber doch vorzieht, bei uns zu schlafen, waschen, duschen, kochen, essen … also, einfach alles mit uns zu teilen.

Wir Mädels sind zunächst mal skeptisch. Jetzt können wir nicht mehr halbnackt direkt vom Zimmer unter die Dusche steigen, mit der Feuchtigkeitsmaske im Gesicht kochen oder vorm Fortgehn in der Küche verschiedene Kleider anprobieren. Mit einem fremden Mann unterm Dach wird alles ein bisschen komplizierter.

Eines Morgens muss ich mich für eine Firmenveranstaltung schick machen, doch der blöde Zippverschluss am Kleid geht nicht und nicht zu. Was tun? Meine Studentinnen schlafen natürlich noch und so halb verpackt kann ich unmöglich das Haus verlassen. Plötzlich öffnet sich eine Zimmertür, Josh muss auf die Toilette. Ich stell mich ihm in den Weg und deute: Zumachen! Er hat den Zipp in Sekundenschnelle geschlossen und lacht: „Sowas muss ich eh täglich machen.“ Fein! Und außerdem ist nicht alles schlechter seit Josh im Haus ist, die Häferl sind immer abgewaschen, die Glühbirne hat endlich (w)er eingeschraubt. Und Schokolade bringt er auch immer mit. Eigentlich gar nicht so übel, dieser Mann im Haus. 

Babysitter

Kate hat auf ihre erste Deutschprüfung einen 2er gekriegt! Wir sind beide überrascht, aber natürlich auch stolz. Das muss gefeiert werden – und zwar ausnahmsweise nicht mit einem Besuch des Wurschtelpraters, sondern mit einer girls night in. Passend dazu habe ich Wein, Schokolade, ein paar Gesichtsmasken und ein Wimpernfärbemittel besorgt. Nice things for nice girls.

Zu später Stunde falle ich ins Bett und Kate …. wäre wohl nicht Kate, wenn sie nicht ausgehen würde. Da sie sich noch nicht an die mickrigen heimischen Ladenöffnungszeiten gewöhnt hat, hat sie auch keinen Alkohol zum Vorglühn/Mitnehmen gekauft.Sie stöbert im Fundus der (von den früheren Incoming-Studierenden) zurückgelassenen Dinge und stößt auf eine Flasche Stroh Rum. … „Willst du auch wieder nach Hause finden?“ Kate antwortet mit einem Husten. Der erste Schluck aus der Flasche ist schon mal gut angekommen. Ich krame in der Kiste und finde eine Bierflasche. „Hier“, sag ich, „ist wohl besser für dich.“ Sie strahlt: „Beer, much better!“ … Dass auf der Flasche „Almdudler alkoholfrei“ steht, verschweige ich ihr doch lieber. Some things are better left unsaid … 

Von Wien bis Manchester

Witzige Clubs habt ihr hier in Wien, ganz anders als in Manchester“, lacht Kate klein und verstaubt.“ Ich steh im üblichen 2m-Sicherheitsabstand neben ihr und nicke. Sie macht sich grad die Haare, wobei mindestens eine halbe Dose Haarspray auf ihrem Kopf landet. Das mache ihr Gesicht schmäler, hat sie mir mal erklärt. Für mich als Gesprächspartner heißt es, deutlich Abstand halten und nur in jenen günstigen Momenten den Mund aufmachen, wenn der Haarspray-Regen grad in eine andere Richtung weht.

Soeben haben wir eineinhalb Stunden Deutsch gepaukt und es war für mich so schwer wie für sie. Wie, bitteschön, erklärt man jemandem, der grad mal 1 Woche Deutsch (und davor noch nie eine Fremdsprache) gelernt hat, die Unterschiede des 3. und des 4. Falls? Aber irgendwie haben wir es geschafft und nun müssen wir uns erholen: Ich bei einer Tasse Tee mit einer Rippe Schokolade, sie beim Clubben auf der Erasmus Night. Ich murmle etwas vom Wiener Charme der ogfackten locations und häng mich Frischluft-Schnapppend beim Fenster raus. Leider haben die Japaner im Zimmer nebenan was anderes vor und so atme ich einen tiefen Hasch-Lungenzug ein. Und überhaupt riecht mein ganzes Zimmer, als hätten sie hier eine Hasch-Party gefeiert. Aber gut, auf 12m2 bleibt die Luft halt auch schnell pickn.

Jedenfalls werde ich heut gut schlafen … und hoffentlich nicht wirr träumen.

"Cool" & the Gang

Richtig cool geht’s zu im Studentenheim. Drum sag ich auch nix, als die Japaner von nebenan illegalerweise zum Fenster rausrauchen … und übers Eck und offene Fenster in mein Zimmer rein. Oder als meine tschechische WG-Kollegin Jana in ihrem kleinen Zimmer zwei Gäste beherbergt und es bis in die frühen Morgenstunden lautstark vieles zu erzählen gibt. Die Ohropax wurden doch genau für solche Stunden erfunden.

Als die Waschmaschinen eine Woche lang streiken, macht sich doch leichte Panik breit. Kein sauberes Handtuch mehr zu finden, kein Oberteil fürs Büro. Oh, ein bisserl mehr Parfume hier, ein bisserl mehr Naserümpfen da … und hoffen, dass morgen alles wieder funktioniert. … 
 
Als Tage später die Maschinen wieder wollen, geht’s im Keller ordentlich rund. Es wird gewaschen und geschleudert und es dampft und zischt. Nur die polnische Praktikantin ist sauer. Ihr Arbeitsaufenthalt wurde nicht  verlängert … und sie gibt doch glatt den Waschmaschinen die Schuld!

Die Villa Kunterbunt

Neue Kulturen kann man auch vor der eigenen Haustür entdecken. In einem Heim voller Incoming-Studenten aus aller Welt hab ich es mir für ein paar Wochen gemütlich gemacht. Schön ist es hier, Gelächter strahlt in den Gängen, alle unterhalten sich mit Händen und mit Füßen, erzählen Geschichten aus ihrer Heimat und von ihren Reiseerlebnissen. Abends brodelt es aus den Küchen, verführerische Düfte aller Herren Länder liegen in der Luft. So nebenbei kann ich mich als Übersetzerin (Waschmaschinenbeschriftung, Lebensmittel …), Reiseführerin und Deutschlehrerin nützlich machen. Im Gegenzug warten viele lustige Begebenheiten auf mich. Abends streifen wir durch den nahe gelegenen Wurschtelprater und versuchen, Höhenängste und Sprachbarrieren zu überwinden. Dabei überhöre ich immer wieder Geschichten aus Begegnungen mit Österreichern, aber auch Vergleiche mit anderen Ländern und Diskussionen über kulturelle Eigenheiten, das Abschneiden unserer Unis und das Freud und Leid mit dem Wiener Schmäh. Alles in allem ganz schön aufregend! I like

Im Bienenstock

Ina macht einen Blick in das fünfstöckige Gewusel aus Schülern, Stundenten, Jungfamilien und zieht die Augenbraue hoch. „Und du willst wirklich nicht lieber bei mir schlafen?“ Gerade hab ich ihr erklärt, dass ich die Nacht in meinem 15 Betten gemischtem Schlafsaal mit geteiltem Bad als weitere Erfahrung ansehe. Doch selbst ich hab hier etwas Bauchweh. Als ich in der Früh meine Sachen hergebracht hab, bin ich glatt an der Jugendherberge vorbeigelaufen. Lehrer und Schüler in Sportsachen sind raus- und reingerannt und ich nahm an, das sei eine Schule. Doch der Postler – „Honey, you seem lost!“ – hat mich wieder zurückgeschickt. Nein, nein, hier sei ich schon richtig. Nu steh ich hier nach einem netten Samstag mit den Mädels und Ina spricht das Zauberwort: „John ist nicht daheim.“ Sprich: girl sleepover. Also schnappen wir meine Sachen und lassen den Bienenstock hinter uns. Manche Erfahrungen können dann ruhig noch etwas länger warten. … London-Fotos